Gesunde und nachhaltige Veränderung im Zusammenhang mit der Digitalisierung in Unternehmen wird sich auch auf die persönliche und gesellschaftliche Entwicklung auswirken. Wir müssen es also ermöglichen, ein vertrauensvolles und sinnstiftendes Miteinander aufzubauen. Kann dies durch das Modell des Commons gelingen?
Die einfache Kultur des „Selfmademan“ hat ausgedient. Unternehmen und Organisationen stehen aufgrund des Technologiefortschritts, der Digitalisierung, der rasch steigenden Verfügbarkeit von Informationen und deren enormen Datenmengen vor großen kulturellen Herausforderungen. Diesen Schwierigkeiten wird meist mit technokratischen Modellen entgegengetreten: Prozesseffizienz, Agile und Lean Management Methoden und mit dem Streben nach vollständiger Automatisierung.
Der Fokus liegt dabei auf Software und deren immer schnellerer Weiterentwicklung. Der Mensch und seine Emotionen rücken dabei zunehmend in den Hintergrund. Mitarbeiter:innen verlieren den Sinn und die Beziehung zu dem, was sie entstehen lassen sollen. Eine der fatalen Folgen kann beispielsweise darin liegen, dass Maßnahmen zur Organisationsveränderung, die vom Management initiiert werden, nichts mehr bewirken. Oft wird bei dem Versuch, dies zu ändern, erst recht in die falsche Richtung gerudert: Durch Einsatz von Software und deren Expert:innen soll die Kontrolle über die Mitarbeitenden wiedererlangt und deren Profitabilität gesteigert werden. Oder man plant gar, diese ganz einzusparen. Ein schlechter Start für digitale Transformation.
Denn dadurch lastet auf immer weniger Menschen, vermeintliche Expert:innen im Bereich Digitalisierung, die Verantwortung, die Profitabilität von vielen zu steigern. Doch leider ohne auf deren Bedürfnisse einzugehen und diese an der digitalen Transformation teilhaben zu lassen. Aus unserer Sicht ein Teufelskreis, der weder Fortschritt, Innovation noch Nachhaltigkeit in Unternehmen sowie Organisationen fördert. Es wird die Kultur des einzelnen „Selfmademan“ in den Vordergrund gestellt, anstatt Beziehungen in der Organisation zu etablieren und gemeinsam etwas zu schaffen. Gibt es einen alternativen Ansatz, um die digitale Transformation nachhaltig zu entwickeln?
Wir wollen mit der digitalen Transformation Beziehungen zwischen Menschen in Unternehmen fördern, um Digitalisierung für jede und jeden zu einem positiven Erlebnis zu machen.
Um der voranschreitenden Isolation des Einzelnen entgegenzuwirken und jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter, gleich auf welcher Ebene, an der digitalen Transformation teilhaben zu lassen sowie eine Perspektive des Miteinanders und der Sicherheit aufzubauen, sehen wir das Modell des Commons als eine der erfolgversprechendsten Möglichkeiten. Denn damit können wir eine wirkungsvolle, gesunde und nachhaltige Veränderung im Zusammenhang mit der Digitalisierung in Unternehmen, Organisationen und letztlich der Gesellschaften bewirken. Es sind Phänomene wie Linux, Wikipedia, die Solidarischen Landwirtschaften (SoLawis) und viele mehr, die uns zeigen, dass Menschen, die einen Sinn in ihrem Tun sehen, die selbstbestimmt ihr Leben gestalten können und gesunde Beziehungen führen, am innovativsten sind und sich mit einem Selbstverständnis einem Regelwerk, das der Gemeinschaft nützt, unterordnen. Das bedeutet, wir müssen allen Mitarbeiter:innen einen positiven und für sie sicheren Zugang in den Bereich der Digitalisierung ermöglichen. So soll sich jedem und jeder die Chance eröffnen, sich in diesen Bereichen laufend weiterzubilden, um dadurch ein sinnvoller Teil der digitalen Transformation zu werden.
Fokus auf Peer-Produktion
Der Begriff „Commons basierte Peer-Produktion“ beschreibt den Prozess der Entstehung von freier Software, die unzählige Menschen gemeinsam und selbstorganisiert entwickeln. Grundsätzlich kann Peer-Produktion und die damit verbundene Art der Zusammenarbeit in fast allen Bereichen genutzt werden. Wir gehen davon aus, dass Menschen aus unterschiedlichen Motiven etwas zu einem gemeinsamen Ganzen beitragen möchten (Beispiel Wikipedia), anstatt Arbeitszeit gegen Arbeitslohn zu tauschen. Beitragen statt tauschen. Aus unserer Sicht könnte das der Kern jeder digitalen Transformation in Unternehmen sein. Wir wollen eine Atmosphäre von Peer-Produktion ermöglichen, bei der Mitarbeiter:innen freiwillig, angstfrei und auf Augenhöhe etwas mit Freude entstehen lassen. Gute Ideen gibt es in jedem Unternehmen genug. Die Frage ist, wie diese entwickelt und umgesetzt werden.
Was sind Commons bzw. was ist Commoning?
Commons sind gemeinsam hergestellte, gepflegte und genutzte Produkte sowie Ressourcen unterschiedlicher Art. Commons basieren dabei auf drei Bereichen: Ressourcen und Produkte, Gemeinschaft (Community) und die Regeln der Selbstorganisation. .
Commoning ist ein offener Prozess, in dem Menschen situationsspezifische Formen (Produkte & Ressourcen) bewusster Selbstorganisation durch Gleichrangige (Peer Governance) erkunden und verwirklichen. Dabei werden Entscheidungen von denen getroffen, die von ihnen betroffen sind und die sie umsetzen müssen.
Ohne Commoning gibt es keine Commons, und ohne bewusste Selbstorganisation durch Gleichrangige gibt es kein Commoning.
Unterstützung durch die Felder und Muster gemeinsamen Handelns
Um den Prozess des Commoning zu etablieren beziehungsweise stetig weiterzuentwickeln, ziehen wir die Felder des Commoning nach Helfrich/Bollier und deren 33 Muster heran. Diese Muster wurden analysiert und beschrieben, um den Erhalt und die Entwicklung der Commons erfolgreicher zu gestalten. Sie dienen dabei als Werkzeuge, die Lebendigkeit in die Gestaltung eines Themas einfließen lassen und können als Kern einer Lösung für ein bestimmtes Problem verstanden werden. Muster sind keine Prinzipien. Prinzipien verstehen sich als das Ideal oder das anzustrebende Maß. Muster hingegen dienen als Vorlage für gemeinsame Handlungslogiken. Sie entstehen durch Erfahrungen vieler und können als Basis, diese selbstverantwortlich anzupassen oder weiterzuentwickeln, verstanden werden. Diese 33 Muster sollen helfen, die Probleme, die in einer Organisation immer wieder auftreten, wenn sich Menschen verändern sollen, zu identifizieren und basierend auf diesen eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten.
Soziales Miteinander | Selbstorganisation durch Gleichrangige | Sorgendes und selbstbestimmtes Wirtschaften |
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Gemeinsame Absichten & Werte kultivieren | Sich in Vielfalt gemeinsam ausrichten | Gemeinsam erzeugen & nutzen |
Rituale des Miteinanders etablieren | Commons mit halbdurchlässigen Membranen umgeben | (Für-)Sorge Leisten & Arbeit dem Markt entziehen |
Ohne Zwänge beitragen | Im Vertrauensraum transparent sein | Das Produktionsrisiko gemeinsam tragen |
Gegenseitigkeit behutsam ausüben | Wissen großzügig weitergeben | Beitragen & weitergeben |
Situiertem Wissen vertrauen | Gemeinstimmig entscheiden | Poolen, deckeln & aufteilen |
Naturverbunden sein vertiefen | Auf Heterarchie bauen | Poolen, deckeln & umlegen |
Konflikte beziehungswahrend bearbeiten | Regeleinhaltung commons-intern beobachten & stufenweise sanktionieren | Preissouverän Handel treiben |
Eigene Governance reflektieren | Beziehungshaftigkeit des Habens verankern | Konviviale Werkzeuge nutzen |
Commons & Kommerz auseinanderhalten | Auf verteilte Strukturen setzen | |
Commons-Produktion finanzieren | Kreativ anpassen & erneuern |
Die Praxis zeigt, sobald diese Muster angewandt werden, können Menschen nicht nur sich, sondern die ganze Organisation durch gemeinsame menschliche Interaktion verändern. Damit entstehen mehr Vertrauen und Beziehungen, die oft für den Erfolg einer Veränderung das Ausschlaggebende sind.
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